Titel: Snap
Autorin: Belinda Bauer
Verlag: Atlantic Monthly Press
Inhalt:
„On a stifling summer’s day, eleven-year-old Jack and his two sisters sit in their broken-down car, waiting for their mother to come back and rescue them. Jack’s in charge, she said. I won’t be long.
But she doesn’t come back. She never comes back. And life as the children know it is changed for ever.
Three years later, mum-to-be Catherine wakes to find a knife beside her bed, and a note that says: I could have killed you.
Meanwhile Jack is still in charge – of his sisters, of supporting them all, of making sure nobody knows they’re alone in the house, and – quite suddenly – of finding out the truth about what happened to his mother. But the truth can be a dangerous thing . . .“
Meine Meinung:
„Ein Thriller auf der Man Booker Longlist – endlich Literatur, die Spaß macht“, war mein erster Gedanke als ich die diesjährige Auswahl sah. Belinda Bauer ist bereits in meinem SUB vertreten, also war ich sehr neugierig, denn um auf der Man Booker Liste zu landen, muss man schon recht gut sein.
Aber ist sie das wirklich?
Das Buch beginnt ziemlich spannend, allerdings auch ein wenig unglaubwürdig: welche Mutter würde bitteschön ihre drei kleinen Kinder (eins davon ein Baby) in brütender Hitze in einem defekten Fahrzeug an einer stark befahrenen Straße zurücklassen, um mal kurz zur Notrufsäule zu gehen?
Ok, kann ich für eine gute Geschichte drüber wegsehen.
Anders als in anderen Romanen aus diesem Genre dreht sich nicht alles in dieser Story um die reine Verbrecherjagd. Vielmehr erhalten wir einen tieferen Einblick in das Schicksal von Jack und seinen Geschwistern, deren Leben von einen Tag auf den anderen einen völlig anderen Verlauf nimmt.
Außerdem begegnen wir weiteren Figuren, von denen erst nicht klar ist, wie sie in die Handlung passen, die aber nach und nach einen Platz im Gefüge bekommen. Es hat mir Spaß gemacht, zu raten, wie das am Ende wohl alles zusammenhängt.
Jack ist mit Abstand der stärkste Charakter in „Snap“. Sein Innenleben ist gut ausgearbeitet, seine Entscheidungen sind nachvollziehbar und man kann Mitgefühl für ihn entwickeln.
Die restlichen Charaktere sind….nun ja.
Catherine gehört meiner Meinung nach eher zu den Hauptfiguren, wird aber von der Autorin eher wie eine Nebenfigur behandelt. Wir erfahren kaum etwas über ihre Hintergründe, ihre Hoffnungen, Wünsche, ihr bisheriges Leben. Sie schwebt ein wenig losgelöst durchs Buch und wirkt daher flach und arg naiv, soll aber wohl eher eine starke Persönlichkeit verkörpern, die sich letzten Endes selbst zu helfen weiß. Hat mich nicht überzeugt.
Die Polizei…anfangs wirkte sie eher wie ein komisches Element (so wie Shakespeare gern seine Dramen entschärft hat). Sie beziehen ein Haus, das einen lang gesuchten Dieb anziehen soll, um ihn dort in eine Falle zu locken. Wirklich? Wo funktioniert denn sowas?
Später verhält sie sich etwas „ernster“, allerdings auch klischeehaft und muss Beweise von Jack präsentiert bekommen, um das Rätsel zu lösen.
Dann sind da noch ein paar schräge Figuren wie Louis, der Kleinkriminelle mit Kind, der Jack irgendwann erklärt, wie Elternschaft funktioniert oder „VC“, die großartige Messer anfertigt und ein codiertes Buch darüber in einem Tiefkühlfach aufbewahrt.
Wäre „Snap“ nicht auf der Longlist, hätte ich es nicht so zerpflückt und kritisch hinterfragt, sondern einfach als „gute Unterhaltung mit einigen Schwächen“ einsortiert.
Aber der Man Booker steht eigentlich für „herausragende Literatur“ und so sehr mir die ersten beiden Drittel gefallen haben, die sich u.a. mit dem Thema „was bedeutet (familiäre) Sicherheit?“ befassen, so beliebig wurde dann doch der Rest des Buches.
Ich kann leider gar nicht nachvollziehen, warum „Snap“ in die engere Auswahl für diesen nicht unbedeutenden Preis gekommen ist. Ja, es ist ein guter und etwas ungewöhnlicher Thriller, aber er unterscheidet sich kaum von anderen Erzählungen aus diesem Genre.
Wer gute Unterhaltung sucht, kann getrost zu diesem Buch greifen.
Wer hingegen auf der Suche nach anspruchsvoller Lektüre ist, sollte Abstand davon nehmen.
[…] Buchweiser hat den Roman gelesen und […]