Was mir momentan gerade auch im Zusammenhang mit NaNoWriMo immer wieder begegnet, ist der „ehrfürchtige“ Umgang mit einigen Berufsbezeichnungen, die keinerlei Ausbildung bedürfen, für die es keinen „Wissens-/Könnenkanon“ gibt.
Beispiele gefällig?
- AutorIn
- LiteraturkritikerIn
- LektorIn
- KorrektorIn
- KünstlerIn
- DokumentarIn
Ja, es gibt für einige dieser Berufe Ausbildungsangebote, aber sie sind nicht zwingend notwendig, um einen solchen Job zu ergreifen.
Es gibt für das Tragen dieser Bezeichnungen keinerlei – für alle nachvollziehbare – Kriterien.
Wann ist ein Autor ein Autor? Wenn er mit Büchern Geld verdient? Wenn er überhaupt erst einmal ein Buch veröffentlicht hat? Wenn er ein Buch geschrieben in der Schublade hat? Wenn er regelmäßig schreibt, aber nichts publiziert? Wenn er bloggt?
Wann ist ein Lektor ein Lektor? Wenn er in einem Lektorat arbeitet? Wenn er dafür bezahlt wird? Wenn er anderen hilft, ihren Texten eine bessere Form zu geben? Wenn er aus Freundschaft einen Text für einen Selfpublisher liest, damit dieser im Buch ein „Lektorat“ nachweisen kann (passiert häufiger, als man meint)?
Wir alle haben gewissen Vorstellungen von diesen Berufsbezeichnungen im Kopf, wir haben uns im Laufe der Zeit auf eine gemeinsame „Geschichte“ zu diesen Berufen geeinigt, aber Fakt ist, dass es Bezeichnungen sind, die aufgrund der Entwicklung in der Arbeitswelt (von Fabrikarbeit zur Selbständigkeit) irgendwann so entstanden sind, ohne dass sich zunächst ein paar kluge Leute zusammengesetzt haben, um zu definieren, was man darunter versteht und wer diese Titel tragen darf…
Ich selbst wurde auch schon bezahlt für Lektorat und Korrektorat, verfasse Blogtexte, habe zwei fertige Erstentwürfe für Bücher in der Schublade liegen und arbeite aktuell als Dokumentarin. Gelernt hab ich irgendwann mal Jura und Praktische Informatik… Ach ja und ich lese und rezensiere natürlich auch Bücher.
Ich könnte mich also eigentlich als „Lektorin, Korrektorin, Literaturkritikerin, Autorin und Dokumentarin“ ausgeben. Mit dem entsprechenden Auftreten dahinter, einem professionellem Webauftritt und ausgefeilten Texten würden zwar einige skeptisch sein, aber kaum einer würde es öffentlich infrage stellen.
Tue ich aber nicht, weil ich mich nicht über meine Tätigkeiten definiere.
Klappern gehört zum Handwerk und wer es gut beherrscht, wird entsprechend wahrgenommen.
Ich sage nicht, dass es nicht auch ausgesprochen kompetente Menschen in all diesen „Berufszweigen“ gibt, aber es sind nun einmal keine geschützten Bezeichnungen und wenn jemand von sich sagt „ich bin AutorIn“, dann ist das einfach so, dann entspricht das ihrem/seinen Selbtsbild und das ist ok. Was sie/er daraus macht, steht auf einem anderen Blatt.
Die Arbeitswelt ändert sich und wir werden umdenken müssen. Es gibt immer mehr Formen, Geld zu verdienen für die Existenzsicherung – und daraus entstehen neue Bezeichnungen und alte ändern sich.
Eigentlich könnte man Denis Scheck auch als „Influencer“ betiteln….
Wir als BloggerInnen sollten damit aufhören, uns selbst kleinzureden. Wir sind belesen, wir haben ein Gespür für gute und schlechte Geschichten, wir haben viele Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Werken und wir können mit Sprache umgehen. Wieso also sollten wir uns nicht einreihen in die Riege der AutorInnen und LiteraturkirtikerInnen? Es sind nur Begriffe und wir können sie nach unseren Vorstellungen füllen und formen.