Titel: Three Women – Drei Frauen
Autorin: Lisa Taddeo
Verlag: Piper
Übersetzung: Maria Hummitzsch
Originaltitel: Three Women
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar.
Inhalt:
„Wie kann es sein, dass Linas Mann sie schon seit Jahren nicht mehr küsst? Wie kann es sein, dass Maggies Lehrer nicht verurteilt wird, obwohl er die Siebzehnjährige verführt hat? Wie kann es sein, dass Sloane Nacht für Nacht mit einem anderen schläft, nur weil ihr Mann ihr gern dabei zusieht? Lina, Maggie und Sloane begehren auf. Sie entdecken ihre eigene Lust und erfahren, was es bedeutet, wahrhaft zu lieben.
Die amerikanische Schriftstellerin Lisa Taddeo hat diese drei Frauen über Jahre hinweg begleitet, hat sich mit ihren Ängsten und Sehnsüchten konfrontiert.“
Einleitung
„Three Women – Drei Frauen” ist ein derzeit viel diskutiertes Buch der Autorin und Journalistin Lisa Taddeo, die über acht Jahre hinweg drei Frauen begleitet hat, um weibliche Sexualität, Liebe und Begehren zu schreiben.
Es ist ein Werk geworden, das die Geister scheidet: während die eine Seite es als “Softporno” betitelt und sich an mangelnder Diversität stößt, feiert die andere Seite es als einen wichtigen Einblick in die weibliche Sexualität.
Was das Buch nicht ist
Beginnen möchte ich damit, was dieses Buch definitiv nicht ist, was aber Vielen beim Lesen offensichtlich nicht klar war: es ist *keine* wissenschaftliche Abhandlung. Taddeo ist keine Sexualforscherin, die den Anspruch erhebt, das Begehren von Frauen umfassend statistisch ausgewertet und hier dargelegt zu haben.
Das Buch ist auch kein Manifest der weiblichen Selbstbefreiung, nicht politisch-feministisch motiviert und kein “Handbuch für besseren Sex”.
Was man erwarten kann und sollte
Lisa Taddeo ist Journalistin. Sie verschafft Geschichten Gehör und stellt sie durch Publikation für die öffentliche Kommunikation zur Verfügung. Aufgabe einer Reporterin ist es nicht, zu urteilen oder eine Lehre für die Allgemeinheit aus dem zu ziehen, worüber sie berichtet – das überlässt sie uns.
Nichts anderes geschieht hier: Wir kommen drei Frauen sehr nah, nehmen an einem Ausschnitt aus ihrem Leben teil und können – und sollten – uns unsere eigenen Gedanken dazu machen.
Mein Leseerlebnis
Ich gebe an dieser Stelle ganz offen zu, dass auch ich zunächst mehr von diesem Buch erwartet hatte: mehr Fakten, mehr Erklärungen, mehr “Mehr”. Erst als ich ein wenig innehielt und darüber nachdachte, was die Autorin hier tat, wurde mir klar, dass ich anders an mein Lesen herangehen muss, dass ich den Erlebnissen der drei Frauen offen und wertfrei gegenübertreten und sie auf mich wirken lassen sollte.
Am Schwersten gelang mir das bei Maggie, die einzige Frau, die hier mit ihrem Klarnamen auftritt, da ihre Erfahrungen Teil eines Gerichtsverfahrens waren, das zu ihren Ungunsten endetel.
Maggie war zum Zeitpunkt ihrer sie prägenden Geschichte 17 Jahre alt und verlor ihr Herz und ihr Vertrauen an ihren damals 29-jährigen Lehrer.
Maggie ist altersmäßig am weitesten von mir entfernt und ich selbst hab nie für einen Lehrer geschwärmt, aber ihrer Story liegt das Element des gebrochenen Herzens zugrunde.
Während allerdings die meisten Mädchen und Frauen darüber irgendwann hinwegkommen, knabbert sie sehr an ihrem Verlust oder dem, was sie dachte zu haben. Jahre später kann sie sich noch nicht davon distanzieren und dafür hat sie mein volles Mitgefühl.
Lina ist bereits Mutter, als wir sie kennenlernen. Ihr Mann ist nicht unbedingt die große Liebe, aber sie dachte, sie würde ihr Glück bei ihm finden: Hochzeit, zwei Kinder – aber dann fehlt die körperliche Nähe. Ed möchte sie weder berühren, noch küssen geschweige denn Sex mit ihr haben und so beginnt sie aus Verzweiflung eine Affäre mit einem Jugendschwarm.
Ich musste darüber nachdenken, wie oft man nur die Fassade von “glücklichen Frauen” zu sehen bekommt, wie viele darauf aus sind, zu zeigen, dass es einem gutgeht, dass man ein tolles Leben führt, aber niemand weiß, wie es wirklich aussieht. Und was würde passieren, würde eine Frau offen sagen “ich lieb meinen Mann, aber ich bin sexuell nicht befriedigt?”. Ich denke, jedem fallen spontan ein paar Begriffe ein, die in diesem Zusammenhang mit Sicherheit fallen würden.
Sloane sprach mich am meisten an, nicht weil ich mich mit ihr stärker verbunden fühlen würde, sondern weil ihre innere Zerrissenheit am stärksten zum Tragen kommt.
Sloane leidet unter einem mangelnden Selbstwertgefühl, sie ist schon früh dem vorgelebten Schlankheitswahn zum Opfer gefallen und mochte sich selbst nur dann, wenn sie von Männern gewollt wurde.
Sie hat eine Essstörung, besitzt aber ein Restaurant und hat einen Ehemann, der Sex gern mit mehr Menschen als nur seiner Partnerin erlebt.
Man spürt sehr deutlich, dass sie mit diesem Arrangement so ihre Probleme hat, aber sie lässt sich darauf ein, es freut sie, ihren Mann glücklich zu sehen, und sie meint, das wahre Glück gefunden zu haben, als sie “Shades of Grey” liest und endlich ihre Beziehung definieren kann: Sie ist eine Sub, ihr Mann ein Dom.
Da schwirrt zudem noch der Gedanke in ihr herum, dass jeder Mann immer die richtige Entscheidung für seine Partnerin trifft, was aber dann zu einem großen Problem wird, als ein Dritter in die Beziehung kommt, der seiner Frau nichts über sein Tun erzählt hat und ihr eigener Partner nicht so reagiert, wie sie es erwartet hat.
Meine Stellungnahme
Was mich wirklich ärgerte, als ich ein paar Rezensionen über “Three Women – Drei Frauen ” las, war die Einordnung des Romans in das Genre “Softporno”. Sex ist ein normaler Bestandteil des menschlichen Wesens. Sex kennt viele Spielarten und ist wichtig für viele Partnerschaften. Schreibt man ein Buch über das Begehren, über Liebe und Lust, dann kommt man nicht umhin, auch über Sex zu schreiben.
Dass es da draußen unzählige pornogrpahische Werke gibt, die in erster Linie zur Geldmacherei existieren, zeigt doch nur, wie falsch und abwertend wir damit umgehen. Wir machen einen natürlichen Akt zu einer “schmutzigen Sache” und schon wird jedes Buch mit Sexszenen gedanklich in eine Schublade eingeordnet.
Davon abgesehen bin ich der Meinung, dass Lisa Taddeo einen wichtigen Beitrag mit ihrem Buch leistet. Mag sein, dass es an Diversität fehlt, doch der Pool der “Bewerberinnen”, die authentisch über ihr Liebesleben erzählen wollten, dürfte sehr überschaubar gewesen sein. Welche Frau begibt sich schon gern mit einem solchen Thema in die Öffentlichkeit – sie macht sich damit sehr verwundbar und kann schnell zum Ziel von Spott und Verachtung werden.
Umso dankbarer bin ich, dass hier drei Frauen den Mut gefunden haben, ihre Geschichten zu erzählen.
Ich wünsche mir, dass die weibliche Sexualität noch häufiger ehrlich und respektvoll thematisiert wird. Ich wünsche mir, dass ich als Frau offen über Lust und Begehren, Erfüllung und Mangel sprechen kann, ohne dafür verurteilt und in eine “dunkle Ecke” gestellt zu werden.
“Three Woman – Drei Frauen” von Lisa Taddeo hat mich nach anfänglicher Skepsis sehr berührt und nachdenklich zurückgelassen. Ich kann dieses Buch jedem – Frau und Mann und allen anderen – wirklich sehr empfehlen. Geht offen an die Geschichten heran, haltet inne, lasst sie nachklingen. gehört nicht zu denen, die den ersten Stein werfen wollen.