„Ayesha at Last“ von Uzma Jalaluddin

Bildschirmfoto 2019-07-05 um 08.58.06.pngTitel: Ayesha at Last
Autorin: Uzma Jalaluddin
Verlag: Berkley Books

Inhalt:
„Ayesha Shamsi has a lot going on. Her dreams of being a poet have been set aside for a teaching job so she can pay off her debts to her wealthy uncle. She lives with her boisterous Muslim family and is always being reminded that her flighty younger cousin, Hafsa, is close to rejecting her one hundredth marriage proposal. Though Ayesha is lonely, she doesn’t want an arranged marriage. Then she meets Khalid who is just as smart and handsome as he is conservative and judgmental. She is irritatingly attracted to someone who looks down on her choices and dresses like he belongs in the seventh century.
Ayesha is torn between how she feels about the straightforward Khalid and the unsettling new gossip she hears about his family. Looking into the rumors, she finds she has to deal with not only what she discovers about Khalid, but also the truth she realizes about herself.“

Meinung:
„Ayesha at Last“ war ein weiteres Buch auf meiner Sommerleseliste und ich bin froh, dass ich es gelesen habe, denn es hat gewissen Ansichten hinterfragt.

Es ist die Geschichte aus „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen in einem muslimischen Setting.

Ayesha ist eine moderne Muslimin, die dennoch verstrickt ist in traditionellen Rollen und immer wieder ihren eigenen Standpunkt behaupten muss.

Khalid ist ein sehr strenggläubiger Moslem, der mit seinem Jabador und seiner Weigerung, Frauen die Hand zu geben im Berufsleben aneckt und von seiner neuen Chefin aufgefordert wird, sich anzupassen.

Auch wenn Jalaluddin hier letztendlich eine Romanze zwischen sehr unterschiedlichen Menschen erzählt, deren unzählige Irrungen und Wirrungen an Shakespeare erinnern, so gelingt es ihr doch, dabei einige kritische Themen wie Religion und moderne Gesellschaft, Identität, Missverständnisse innerhalb der Glaubensgemeinschaften und Selbstsuche sehr vorsichtig und gefühlvoll zu beleuchten.

Ich habe beim Lesen gemerkt, dass ich eigentlich viel zu wenig weiß über diese Kulturen, dass ich zwar Verständnis für Frauen habe, die ein Kopftuch tragen (was ich heutzutage in unserem Land sehr mutig finde), aber mich nie mit der Rolle des Mannes im Islam beschäftigt habe, der als gläubiger Moslem sicher auch einige innere Kämpfe austragen muss, möchte er in einem – trotz allem – christlich geprägten Umfeld leben.

Ja, es gibt hier und da ein paar Stellen im Buch, die ich nicht ganz nachvollziehbar fand, aber dennoch hat mich diese Geschichte nachhaltig berührt und beschäftigt mich noch immer viel. Ich möchte mehr über diese Problematik erfahren, mich tiefer hineindenken und bin nun auf der Suche nach AutorInnen, die dieses Thema ebenfalls in Prosaform behandeln.

„Ayesha at Last“ ist ein wichtiges Buch, das sich locker liest, aber dennoch viel Eindruck hinterlässt. Empfehlenswert!

 

„The Silence of the Girls“ von Pat Barker

37969723 Titel: The Silence of the Girls
Autorin: Pat Barker
Verlag: Doubleday Books

Inhalt:
The ancient city of Troy has withstood a decade under siege of the powerful Greek army, which continues to wage bloody war over a stolen woman—Helen. In the Greek camp, another woman—Briseis—watches and waits for the war’s outcome. She was queen of one of Troy’s neighboring kingdoms, until Achilles, Greece’s greatest warrior, sacked her city and murdered her husband and brothers. Briseis becomes Achilles’s concubine, a prize of battle, and must adjust quickly in order to survive a radically different life, as one of the many conquered women who serve the Greek army.
When Agamemnon, the brutal political leader of the Greek forces, demands Briseis for himself, she finds herself caught between the two most powerful of the Greeks. Achilles refuses to fight in protest, and the Greeks begin to lose ground to their Trojan opponents. Keenly observant and coolly unflinching about the daily horrors of war, Briseis finds herself in an unprecedented position, able to observe the two men driving the Greek army in what will become their final confrontation, deciding the fate not only of Briseis’s people but also of the ancient world at large.“

Meine Meinung:
„The Silence of the Girls“ steht dieses Jahr auf der Longlist des „Women’s Prize for Fiction“ und ist eine Neuerzählung der Ilias.

Wie Madeline Miller in „Circe“ hat sich Pat Barker für ihre Version der Geschichte eine weibliche Hauptfigur erwählt, werden Mythen und Sagen doch überwiegend aus der Sicht der glorreichen Männer erzählt. Doch wie ergeht es den Frauen eigentlich in diesen Erzählungen?
Diese Frage beleuchtet die Autorin anhand der Figur der Briseis, die Siegestrophäe der Kriegsmaschine Achilles und dessen neue Bettgespielin.

Gerade im Hinblick auf die #Metoo-Bewegung ist dies eine äußerst aktuelle Story – Frauen als Schmuckstücke erfolgreicher Männer.
Man hätte so viel daraus machen könne, aber mich hat die Umsetzung eher verärgert.

Briseis und ihren Leidensgenossinnen ist die Situation, durch die Hände der Sieger gereicht zu werden, nicht fremd. Die Wahl eines Ehemanns war von Anfang an stark eingeschränkt, die Kriege um Troja haben ihnen das letzte Stück Freiheit genommen.
Doch wehren sie sich? Versuchen sie, ihr Schicksal zu ändern?

Nope. Nö. Nein.

Die „Girls“ in diesem Buch schweigen, wie es bereits der Titel andeutet. Sie nehmen es völlig emotionslos und demütig hin, dass sie nur benutzt werden, dass man sich nicht für sie als Menschen interessiert und sie Vergewaltigungen über sich ergehen lassen müssen.
„Wenigstens ist es schnell vorbei“, kommentiert Briseis den nächtlichen Missbrauch durch Achilles…

Ja, es ist unumstritten, dass es auch heute noch Gesellschaften gibt, in denen Frauen keinerlei Rechte besitzen und Eigentum eines Mannes sind, dennoch haben sie Gefühle, Hoffnungen und Wünsche! Sie erleiden physische und seelische Schmerzen, auch wenn Gewalt zu ihrem Alltag gehört – kaum jemand kann so etwas auf Dauer ertragen, ohne nicht im Innern damit zu kämpfen.
Diese Seite vernachlässigt Barker in „The Silence of the Girls“ fast vollständig. Sind die Männer Kampfmaschinen so sind ihre Frauen Sexmaschinen – immer zur Verfügung, immer bereit und alles in allem ergeben und umgänglich.

Unglaublich, wie man als Autorin solche Frauenfiguren entwerfen kann und Mütter ihren jugendlichen Töchtern die Lektüre eines solchen Buches dringend ans Herz legen. Warum? Sollen sie lernen, die Klappe zu halten, wenn es ihnen mies ergeht? Sollen sie lernen, sich unterzuordnen, weil der Mann der Stärkere ist?

Es ist mir völlig schleierhaft, wieso dieses Buch momentan so gehyped wird. Es hat nichts Hilfreiches zur Debatte beizutragen. Gar nichts.

 

„Das Vermächtnis der Grimms“ von Nicole Böhm

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Titel: Das Vermächtnis der Grimms | Autorin: Nicole Böhm | Verlag: Drachenmond Verlag

Inhalt:
„Kristin Collins steht vor der größten Herausforderung ihres Lebens: Ihr Bruder Brayden holt sie in seine Special Task Force, die Jagd auf den sogenannten Grimm macht ein wolfsartiges Wesen, das durch die Märchen der Brüder Grimm in die Welt der Menschen dringt und jeden mit Wahnvorstellungen verflucht, der über ihn liest.
Je tiefer Kris in die Märchen abtaucht, desto mehr verschwimmt die Grenze zwischen Realität und Fantasie. Schließlich weiß sie nicht mehr, wem sie noch trauen kann und wer selbst Teil des Fluches geworden ist.“

Meine Meinung:
„Das Vermächtnis der Grimms“ war mein Zufallsfund auf der Buchmesse Frankfurt. Ich wurde von einem Stand angezogen, der nicht nur gut umlagert war, sondern der auch viele Bücher mit farbenprächtigen und interessanten Covern präsentierte.
Den „Drachenmond Verlag“ kannte ich bis dato noch nicht, auch all die dort vertretenen Autorinnen und Autoren nicht.

Dennoch fiel mir dieses Buch sofort auf, da ich Retellings mag bzw. Geschichten, die sich von Märchen inspirieren lassen. Noch dazu handelt es sich hier um Urban Fantasy, auch eine meiner Genrevorlieben. Also entschloss ich mich spontan zum Kauf…

… und wurde äußerst positiv überrascht.

„Wer die Fantasie beherrscht, kann alles erschaffen“ (S. 116)

Es ist eine komplexe und faszinierende Welt, die Nicole Böhm hier kreiert hat. Anfangs fiel es mir ein wenig schwer, mich darin zurechtzufinden, denn wir bewegen uns an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten und folgen unterschiedlichen Figuren. Doch nach und nach setzt sich das Bild zusammen, Zusammenhänge werden deutlicher und die Umgebung wird vertrauter.

Die Charaktere sind abwechslungsreich und vielschichtig, auch wenn einige von ihnen ein wenig im Dunkeln bleiben und nie ganz klar wird, welche Motive sie verfolgen und welchen Anteil sie am Geschehen haben.
Doch das macht auch den Reiz des Buches aus: all die Andeutungen, die unerklärten Bruchstücke aus dem Leben diverser Figuren – daraus wird der Spannungsbogen geformt, der die Geschichte zu einem echten Pageturner werden lässt, weil ich immer neugieriger wurde, wie das alles zusammenpasst und worauf es hinauslaufen wird.
Leider bleiben zwar am Ende einige Fragen offen, allerdings ist schwer zu sagen, ob das bewusst so gehandhabt wurde, oder ob ich die Verbindungen nicht gesehen oder nicht verstanden habe. Das tat aber dem Lesespaß kaum einen Abbruch.

Immer wieder tauchen – wie erhofft-  Elemente aus den Märchen der Gebrüder Grimm auf – altbekannt, allerdings mit einem neuen, dunklen Twist, was mir ausgesprochen gut gefallen hat.
Es ist kein übliches Retelling, keine Neuinterpretation, vielmehr werden hier Fantasiewelten miteinander verwoben und die dunklen Teile der Erzählungen herausgearbeitet und in den Vordergrund gestellt.

Mir hat „Das Vermächtnis der Grimms“ ein paar sehr unterhaltsame Lesestunden bereitet. Ich hoffe, es wird irgendwann ein weiteres Buch aus dieser Welt geben.
In der Zwischenzeit schaue ich mir an, was der Drachenmond Verlag sonst noch so zu bieten hat, denn ich glaube, er hält noch die ein oder andere weitere Überraschung für mich bereit.

„Spinning Silver“ von Naomi Novik

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Titel: Spinning Silver | Autorin: Naomi Novik | Verlag: Del Rey

Inhalt:
„Miryem is the daughter and granddaughter of moneylenders… but her father isn’t a very good one. Free to lend and reluctant to collect, he has loaned out most of his wife’s dowry and left the family on the edge of poverty–until Miryem steps in. Hardening her heart against her fellow villagers‘ pleas, she sets out to collect what is owed–and finds herself more than up to the task. When her grandfather loans her a pouch of silver pennies, she brings it back full of gold.
But having the reputation of being able to change silver to gold can be more trouble than it’s worth–especially when her fate becomes tangled with the cold creatures that haunt the wood, and whose king has learned of her reputation and wants to exploit it for reasons Miryem cannot understand.“

Meine Meinung:
Ich liebe Retellings und lese jedes Buch, was mir dazu in die Hände fällt.

Novik erzählt die Geschichte von Rumpelstilzchen, ändert jedoch das Setting und auch die Figuren. Man erkennt die wichtigsten Elemente des Märchens sehr gut, aber sie spinnt daraus eine ganz eigene Erzählung.

Es dauert ein wenig, bis man sich in der fremden Welt zurecht findet. Sie ähnelt zwar der unseren, dennoch gibt es Fantasyteile, die nicht von Anfang an klar sind, die aber nach und nach verständlicher werden.

Märchenhaft ist „Spinning Silver“ nicht zwingend, es gibt keine tiefgründigere Aussage und wenig Symbolik, dafür aber gut ausgestaltete Figuren und einen gelungenen Spannungsbogen.

Wer wie ich Spaß an Nacherzählungen hat, dem wird dieses Buch sicherlich gut gefallen.

Rezension: „Circe“ von Madeline Miller (Spoiler)

37134404.jpg Titel: Circe
Autorin: Madeline Miller
Verlag: Bloomsbury

Inhalt:
„In the house of Helios, god of the sun and mightiest of the Titans, a daughter is born. But Circe has neither the look nor the voice of divinity, and is scorned and rejected by her kin. Increasingly isolated, she turns to mortals for companionship, leading her to discover a power forbidden to the gods: witchcraft.“

Rezension:

Circe bzw. Kirke ist keine unbekannte Figur:

„In der Odyssee wird Kirke von Homer als theá, also als Göttin, bezeichnet. Sie lebt mit einigen Dienerinnen auf der mit Eichen und anderen Bäumen bewachsenen Insel Aiaia (übers.: „Klagen“, von dem Wehruf der Seelen im Hades αἴ αἴ abgeleitet[1]). In einer Waldlichtung bewohnt Kirke eine Villa, wo sie an einem von Göttern geschaffenen Webstuhl sitzt. Besucher der Insel verwandelt sie in Tiere, so dass dort in einem Gehege um Kirkes Häuser unter anderem zahme Löwen und Wölfe leben, die Neuankömmlinge umschmeicheln – und damit selbst schon einen Hinweis auf die Gefährlichkeit der Verführungskünste Kirkes geben.“ (Wikipedia)

Ich mag Retellings und war gespannt, was die Autorin aus dieser Sage gemacht hat.

Nicht viel.

Kirke ist das Wesen, das Miller gewählt hat, um uns aus ihrer Sicht von den griechischen Göttern und Helden zu erzählen. Sie bringt alles was Rang und Namen hat in die Story, nun ja, zumindest einen Großteil: Zeus, Athene, Minos, Pasiphae, Minotauros, Hermes, Skylla, natürlich  Odysseus, Telegonos und sogar Daidalos und Ikaros.

Und während die Großen der Geschichte ihre wilden Intrigen spinnen, sitzt Kirke auf ihrer einsamen Insel im Exil, denkt sich neue Zauber aus, verwandelt den ein oder anderen Seemann in Schweine, webt, zähmt Tiere und lässt sich von sämtlichen Göttern und Nichtgöttern herumschubsen – bis zum Ende.

Ich habe mich dauernd gefragt, wie die Autorin auf die Idee kam, eine eher unbedeutendere Sagengestalt zu wählen und diese Protagonistin genauso schwach und jammervoll zu belassen, wie sie zu Beginn von ihrem eigenen Vater bezeichnet wird. Die einzige Entwicklung, die Kirke in diesem Buch macht ist die, sich mit ihrem Schicksal abzufinden und in diesem gesteckten Rahmen ihr Leben zu Leben.

Damit bleibt Miller zwar relativ nah an der Originalerzählung, aber mich hat es beim Lesen sehr geärgert, dass sie kaum einen eigenen Twist eingebracht hat. Ja, wir erfahren sehr viel über das Innenleben der Hauptfigur, aber das ist so mitleiderregend, dass ich mich ab der Hälfte des Buches regelrecht auf jeden Bösewicht, der die Insel betrat, gefreut habe…

„Circe“ ist nichts anderes als ein qualvoller Schnelldurchlauf durch die griechische Mythologie für Anfänger. Wer noch gar nichts oder nur sehr wenig darüber weiß und sich zu alt für – die deutlich besseren – Geschichten von Rick Riordan fühlt, dem mag dieses Buch gefallen.
Ich konnte dieser Antiheldin leider so gar nichts abgewinnen.

Rezension: „Drown“ von Esther Dalseno

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Autorin: Esther Dalseno
Verlag: 3 Little Birds Books

Klappentext:
„Belonging to a race that is mostly animal with little humanity, a world obsessed with beauty where morality holds no sway, a little mermaid escapes to the ocean’s surface. Discovering music, a magnificent palace of glass and limestone, and a troubled human prince, she is driven by love to consult the elusive sea-witch who secretly dominates the entire species of merfolk. Upon paying an enormous price for her humanity, the little mermaid begins a new life, uncovering secrets of sexuality and the Immortal Soul. As a deadly virus threatens to contaminate the bloodstreams of the whole merfolk race, the little mermaid must choose between the lives of her people, the man she loves, or herself.“

Meinung:
„Drown“ ist die Nacherzählung des Märchens „Die kleine Seejungfrau“ von Hans Christian Andersen.

Nicht allen ist bekannt, dass nicht Disney die kleine Meerjungfrau erfunden hat und dass das eigentliche Märchen keine glückliche Liebesgeschichte ist.
Esther Dalseno bleibt mit ihrer Erzählung jedoch sehr nah an Andersens Version, gestaltet sie sogar noch ein wenig düsterer. Sie befasst sich intensiver mit den Ursprüngen und greift stärker als Andersen auf die mythologische Gestalt der Undine zurück, die in ihrer Handlung eine starke Rolle spielt und eigene Motive verfolgt.

„Drown“ ist eine gelungene Adaption eines Klassikers, die ich jedem empfehlen kann, der „Retellings“ mag.