Rezension: „Neandertal“ von Claire Cameron

Titel: Neandertal
Autorin: Claire Cameron
Verlag: btb Verlag
Originaltitel: The Last Neanderthal

Inhalt:
„Die Welt vor 40.000 Jahren. Ein besonders strenger Winter hat die letzte Sippe der Neandertaler hart getroffen, nur wenige haben überlebt. Unter ihnen auch „Mädchen“, die älteste Tochter. Nun bricht die Familie auf zu dem jährlichen Treffen, um einen geeigneten Partner zu finden. Doch die raue und unwirtliche Natur fordert ihren Tribut. „Mädchen“ und „Kümmerling“, ein Bastard ungewisser Herkunft, bleiben allein zurück. Als die Zeit der Winterstürme naht, erkennt Mädchen, dass es nur eine Möglichkeit gibt, ihr Volk zu retten, auch wenn sie dafür ein großes Opfer bringen muss. In der Jetztzeit arbeitet die schwangere Archäologin Rosamund fieberhaft daran, neue Neandertal-Artefakte zu bergen, bevor ihr Kind auf die Welt kommt.“

Rezension

Dieses Buch hätte ich ohne die Buchhändlerin meines Vertrauens weder entdeckt noch gelesen, aber letztens habe ich mir mal wieder einfach ein paar Bücher empfehlen lassen und sie „blind“ gekauft. „Neandertal“ der kanadischen Autorin Claire Cameron war eins davon.

Von Unterschieden und Gemeinsamkeiten

Die Autorin erzählt die Geschichte zweier Frauen, die unzählige Jahrtausende voneinander trennt.
Da ist zum einen die Archäologin Rosamund, gerade mit Ende 30 schwanger geworden und nun steht sie vor ihrer ersten großen Entdeckung.
Zum anderen verfolgen wir die Geschichte von „Mädchen“, einer Neandertalerin aus einer kleinen Familie, die soeben ihre Sexualität entdeckt hat und aus der Gruppe verstoßen wird, weil das weibliche Familienoberhaupt nicht will, dass sie mit ihrem Bruder nicht überlebensfähige Nachkommen zeugt.

Auf den ersten Blick liegen nicht nur Jahre sondern auch Welten zwischen den beiden Frauen. Die eine kämpft ums reine Überleben, die andere um ihre Karriere.

Doch es gibt auch vieles, was sie verbindet wie der Wunsch nach Liebe, Anerkennung und einer Familie.

Die Zeitsprünge

Anfangs wechseln wir noch sehr oft die Zeitebenen und folgen mal der Neandertalerin, mal der Archäologin. Manchmal springen wir im modernen Zeitalter ein paar Wochen nach vorn, was zunächst etwas verwirrend ist, da wir uns in der Vergangenheit tageweise bewegen.
Auch sind die Ereignisse rund um Rosamund stellenweise ein wenig ausschweifend und tragen nicht unbedingt so viel zur Story bei, doch je weiter man voranschreitet, umso mehr befinden wir uns in der Welt von Mädchen und umso packender wird die Erzählung.

Mein Lesefazit

Anfangs – das geb ich offen zu – war mir das Buch zu pornographisch und sprunghaft. Ich hatte auch eigentlich nicht mehr viel erwartet, als ich feststellte, dass ich sie oft über die Neandertalerin nachdachte und ihren Teil mit Spannung verfolgte.

Ich kann nicht beurteilen, wie realistisch die Schilderung unserer Vorfahren der Autorin gelungen ist, aber ich kann mir schon vorstellen, dass diese Wesen mehr als nur Tiere waren und sich tatsächlich schon sehr menschlich verhielten – nur ihr Umfeld war zu harsch und zu gefährlich für eine sichere Existenz.

Mich hat „Neandertal“ von Claire Cameron und ihre Figur „Mädchen“ bis in meine Träume verfolgt. Ihre Ängste, ihr Mut, ihre schweren Entscheidungen, die sie treffen musste. Ich denke, ich werde diesen Roman noch eine Weile mit mir herumtragen und kann ihn wirklich jedem sehr empfehlen.

Gelesen & Gemocht

Manche Bücher liest man und genießt man – ohne sie für eine Rezension bis in ihre Einzelteile zu zerpflücken.

Ein paar der Romane, die ich in letzter Zeit gelesen und genossen habe, möchte ich euch heute kurz vorstellen:

„The House in the Cerulean Sea“ von TJ Klune (leider noch nichts ins Deutsche übersetzt) ist eine Geschichte für die Seele. Sie handelt von phantastischen Kindern, die auf einer Insel aufwachsen, von zwei ungleichen Männern, von Freundschaften, von Andersartigkeit und Vielfalt und von Liebe und Verständnis.

Natürlich stecken viele Klischees in der Erzählung und auch recht einseitige Figuren, aber es tut einfach gut, in Zeiten wie diesen eine warmherzige Story mit einem Happy End zu lesen.

„Das Dorf in den roten Wäldern“ ist der erste Band in der Krimiserie von Louise Penny rund um den Ermittler Gamache.
Der Kampa Verlag hat die ersten 6 Bände neu aufgelegt und auch band 13 und 14 bereits in Übersetzung veröffentlicht. Alle anderen Bände sind in Arbeit.

Gamache wird eines Tages in das verschlafene Dörfchen „Three Pines“ (in Kanada) gerufen, weil die Leiche einer älteren Dame gefunden wurde. Was anfangs wie ein Jagdunfall aussieht, entpuppt sich schon bald als mehr.

Eine wirklich schöne Krimireihe mit wenig Blut, schrulligen und interessanten Figuren, einem Ermittler, der ausnahmsweise mal nicht von Dperessionen geplagt ist – das Richtige für kühle Herbstabende!

„Cinderella is Dead“ von Kalynn Bayron (leider noch nicht übersetzt) ist eine interessante Nacherzählung des Märchens „Aschenputtel“.

In dieser Erzählung wird die verstorbene Cinderella für die Frauen des Ortes als Vorbild hingestellt. Es gilt, ihr nachzueifern, sich von einem Mann auswählen zu lassen und ihm auf Lebzeiten gehorsam zu sein. Doch es steckt noch viel mehr dahinter und es gibt ein paar überraschende Wendungen, die unsere Protagonistin alles hinterfragen lassen, was sie bislang gelernt hat.

Ein gelungenes Retelling, das mir viel Spaß bereitet hat.

Rezension: „A Thousand Ships“ von Natalie Haynes

Titel: A Thousand Ships
Autorin: Natalie Haynes
Verlag: Mantle

Inhalt:
„This was never the story of one woman, or two. It was the story of all of them…
In the middle of the night, Creusa wakes to find her beloved Troy engulfed in flames. Ten seemingly endless years of brutal conflict between the Greeks and the Trojans are over, and the Greeks are victorious. Over the next few hours, the only life she has ever known will turn to ash . . .
The devastating consequences of the fall of Troy stretch from Mount Olympus to Mount Ida, from the citadel of Troy to the distant Greek islands, and across oceans and sky in between. These are the stories of the women embroiled in that legendary war and its terrible aftermath, as well as the feud and the fatal decisions that started it all…“

Rezension

“ A Thousand Ships“ von Natalie Haynes stand auf der Shortlist des Women’s Prize for Fiction 2020 und hätte ich nicht das Onlineevent mit Vorstellung der Shortlistautorinnen gesehen, hätte ich wohl nie dieses wunderbare Buch gelesen.

Die Helden und ihre unscheinbaren Begleiterinnen

Wer kennt sie nicht, die Helden der griechischen Sagen? Man kennt vielleicht nicht alle, aber die meisten werden schon einmal etwas von Odysee, Achill, Agamemnon und all den anderen stolzen Männern gehört haben. Aber wer hat je etwas über ihre Frauen gelesen?

Man erinnert sich vielleicht noch an Namen wie Helena und Penelope, aber Hekabe, Cassandra oder auch Klytaimnestra sind eher Nebenfiguren in den Heldengeschichten – und diesen verleiht Haynes nun endlich eine Stimme.

Starke Frauen zum Nichtstun verdammt

Der Fokus liegt auf dem zweiten trojanischen Krieg, der „Befreiung“ von Helena und Odysees lange Reise zurück in seine Heimat. Wir betrachten all die oft gehörten Geschichten aus der Sicht der Frauen, die um ihre Männer bangen, ihre Kinder auf brutale Weise verlieren, versklavt werden und zum Nichtstun verdammt sind, denn sie sind – abgesehen von ein paar Ausnahmen – nur schmückendes Beiwerk für die Helden.

Doch Haynes schildert sie nicht als unterwürfig und unwichtig. Sie zeigt sie als starke Persönlichkeiten, die versuchen, aus der ihnen aufgezwungenen Situation das Beste zu machen – mal trotzig, mal emotional, mal ironisch.

Mein Lesefazit

„A Thousand Ships“ ist eins meiner Lesehighlights aus 2020! Es ist ein wunderbares Buch, toll geschrieben, das meiner Meinung nach schon lang überfällig war und daran erinnert, dass es nicht nur männliche Helden gibt, sondern auch starke Frauen, von denen nur deutlich weniger berichtet wird.

Leider gibt es bislang noch keine deutsche Übersetzung, aber ich würde mir gern eines Tages ein schönes übersetztes Hardcover ins Regal stellen können.

Wer Englisch lesen kann, sollte unbedingt „A Thousand Ships“ auf die Liste setzen – es lohnt sich!

Rezension „Just Like You“ von Nick Hornby

Titel: Just Like You
Autor: Nick Hornby
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Originaltitel: Just Like You

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar.

Inhalt:
„Es ist das Jahr 2016. Lucy ist 42, Mutter zweier Jungs, Lehrerin. Sie lebt von ihrem Mann getrennt und wählt linksliberal. Joseph ist 22, Aushilfsmetzger, Fußballtrainer und an Politik nicht interessiert. Ausgerechnet diese beiden ungleichen Menschen verlieben sich. Wie heißt es so schön, Gegensätze ziehen sich an…“

Rezension

Nick Hornby, ein Schriftsteller, der die Popliteratur geprägt hat, hat bereits einige bedeutsame Werke geschrieben, die auch verfilmt wurden wie beispielsweise „High Fidelity“ oder „About a Boy“.
Seine Werke sind für mich immer ein wenig ein Glücksspiel: Einige mochte ich gar nicht, andere wiederum fand ich großartig.

„Just Like You“ ist nun neuestes Buch, das sehr aktuelle britische Themen aufgreift und sie in eine moderne Liebesgeschichte verwebt.

Der Brexit, die Liebe und andere Hindernisse

Lucy und Joseph – sie so gut wie geschieden, Mutter, 42 Jahre alt, weiß, Brexitgegner, er Single, Gelegenheitsjobber, 22 Jahre, schwarz, Brexitunschlüssiger.

Zwei sehr gegensätzliche Menschen treffen im Jahr 2016, im Brexitentscheidungsjahr, in England aufeinander, verlieben sich und lernen nach und nach die Welt des anderen kennen.
Und dabei gilt es, all diese Gegensätze zu verstehen und zu überwinden.

Es sind wichtige Themen, die Hornby hier aufgreift und die den Alltag der Briten geprägt haben und weiterhin prägen. Er zoomt hinein in eine Situation, die regelrecht aus dem Leben gegriffen ist. Seine Figuren bewegen sich in ihren sozialen Blasen und werden plötzlich mit „der anderen Seite“ konfrontiert, müssen mit Vorurteilen gegenüber anderen aber auch gegenüber sich selbst umgehen und lernen, sie auszuhalten, wollen sie die Liebe erhalten.

Rassismus und Selbstzweifel

Lucy, deren Mann im Laufe ihrer Ehe zu einem Alkoholiker und Drogenabhängigen mutierte, hat sich von ihm befreit und ist nun alleinerziehende Lehrerin. Allerdings scheint sie ihr Leben sehr gut im Griff zu haben. Nur mit dem Altersunterschied zwischen ihr und Jospeh und ihrem alternden Körper kommt sie nicht klar.

Hornby ist es sehr gut gelungen, das Innenleben seiner Protagonistin zu beleuchten. Wir sehen und verstehen bis zu einem gewissen Grad, was in ihr vorgeht und wie sie sich selbst im Weg steht. Es fällt ihr nicht leicht, den bekannten Pfad zu verlassen, ihre Selbtszweifel zu überwinden und vielleicht auch bei ihren Peers ein wenig an Ansehen zu verlieren.

Demgegenüber steht Jospeh, der schwarze junge Mann, der Träume hat, aber wenig konkrete Lebenspläne. Über ihn erfahren wir im Vergleich zu Lucy recht wenig. Es gibt eine Stelle im Buch, an der deutlich wird, wie er mit Alltagsrassismus zu kämpfen hat, aber eigentlich bleibt er sehr zweidimensional in dieser Geschichte, was ich ein wenig schade fand.

Mein Lesefazit

„Just Like You“ ist ein Roman unserer Zeit, allerdings bleibt es bei einem Schnappschuss diverser gesellschaftlicher und politischer Probleme. Hornby hat einige relevante Themen aufgriffen, aber sie bilden nur die Kulisse, sie tragen nur einen Teil zum Drama bei. Man kann erahnen, welche Auswirkungen sie auf das Leben der Protagonisten haben, aber wirklich nachvollziehen kann man es als LeserIn nicht, befindet man sich nicht in einer ähnlichen Situation.

Nick Hornby ist ohne Frage erneut ein interessantes Werk gelungen, was viel Raum für eine Verfilmung lässt, aber mich persönlich hat es nicht wirklich angesprochen, dazu fehlte es an Details und Tiefe einiger Figuren.
Kann man lesen, muss man aber nicht.

Rezension: „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ von Elena Ferrante

Titel: Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
Autorin: Elena Ferrante
Verlag: Suhrkamp / Insel

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar.

Inhalt:
„Neapel in den Neunzigern, Giovanna ist dreizehn Jahre alt, die Vorzeigetochter kultivierter Mittelschichtseltern, eine strebsame Schülerin. Doch plötzlich verändert sich alles, ihr Körper, ihre Stimmung, die Noten brechen ein, und immer öfter gerät sie mit ihren Eltern aneinander. Zufällig kommt Giovanna der Vorgeschichte ihres Vaters auf die Spur, der aus einem ganz anderen Neapel stammt, einem leidenschaftlichen, vulgären Neapel. Dort treibt sie sich herum, aber die Geheimnisse, auf die sie da stößt, verstören sie. Und als sie bei einem Abendessen bemerkt, wie ein Freund der Familie unterm Esstisch zärtlich die Füße ihrer Mutter streift, verliert sie vollends die Fassung. Denn wem kann sie überhaupt noch trauen? Und was soll ihr Halt geben? Oder ist sie selber bereits unrettbar verwoben in dieses lügenhafte Leben der Erwachsenen?“

Rezension

Ich bin großer Fan von Elena Ferrante, auch wenn ich die Serie um die beiden Freundinnen Lila und Lenu noch nicht ganz beendet habe. Ich liebe ihren Schreibstil, ihre Fähigkeit, eine einfache Geschichte im großen Stil zu erzählen und ich liebe Italien.
Ich war hocherfreut, als ich erfuhr, dass es ein neues Buch von ihr gibt und mir der Suhrkampverlag dieses sogar als Leseexemplar zukommen ließ.

Aber kann es dem Vergleich mit „Meine geniale Freundin“ standhalten?

Das Setting

Wie bereits in den Erzählungen zuvor befinden wir uns in Neapel. Doch dieses Mal besuchen wir einen anderen Teil der Stadt.
Unser Blick wird auf zwei Familien gelenkt, die zum Bildungsbürgertum gehören und in einer wohlhabenderen Umgebung leben als die Figuren aus Ferrantes Serie. Es gibt zwar einige Spuren in das ärmere Neapel, aber die hat der Vater der Protagonistin so gut wie ausgelöscht.

Für die dreizehnjährige Giovanna, die Hauptfigur, ist dieser Teil Neapels eine Selbstverständlichkeit. Sie kennt es nicht anders, wird aber plötzlich, nach einer dummen Bemerkung ihres Vaters, in eine völlig andere Welt katapultiert und sieht sich mit einer anderen Realität konfrontiert.

Zwei Welten treffen hier aufeinander, die gegensätzlicher auf den ersten Blick kaum sein könnten, die aber nach und nach immer mehr Gemeinsamkeiten zeigen.

Die Figuren

Wieder ist es der Autorin ausgesprochen gut gelungen, glaubhafte Figuren zu erschaffen, die sich sehr real anfühlen und in die man sich sehr gut hineinversetzen kann – zumindest als Leserin, denn es sind die Frauen, die in diesem Roman erneut im Vordergrund stehen und deren Innenleben uns bis ins Detail präsentiert wird.

Im Vordergrund steht ein Mädchen, dessen Körper gerade die Pubertät durchlebt mit allen Emotionen, Empfindungen und Ängsten, die viele LeserInnen gut kennen werden.
Ihr gegenüber steht ihre Tante Vittoria, eine erwachsene Frau, die sehr direkt ist, ihre Sexualität auslebt und ihren Platz in der Welt behauptet.

Es ist dieser Gegensatz, der die Geschichte prägt. Wir sehen, dass Giovanna mit diesem anderen Lebensstil zu kämpfen hat, nicht weiß, wie sie ihn einordnen soll und erkennt, dass ihre Eltern, die Vittoria harsch für ihre Art verurteilen, eigentlich nicht besser sind, ihre dunklen Seiten nur besser zu verstecken wissen.

Aus der „Pubertätsbrille“ betrachtet, ist das für die Protagonistin kaum auszuhalten. Ihr Ich gerät ins Wanken und stürzt fast ab, hätte sie nicht einen Jungen getroffen, den sie nun auf den Sockel stellt, den ihr Vater zuvor innehatte.

Der Schreibstil

Elena Ferrante ist eine großartige Wortkünstlerin. Wie keine andere versteht sie es, mit Sprache die Atmosphäre einzufangen, die Leser hin und wieder mit vulgären Szenen und Ausdrücken zu überrumpeln und sich ebenso unwohl in ihrer Haut fühlen zu lassen wie die junge Giovanna.

Zu Beginn liest sich der Roman noch sehr kindlich, ist doch die Hauptfigur noch ein halbes Kind, aber ganz langsam verändert sich der Ton und wird in dem Maße erwachsener, wie auch die Hauptfigur erwachsener wird.

Stilistisch finde ich dieses Buch fast ein wenig besser als „Meine geniale Freundin“, es ist ausgefeilter, ausbalancierter.

Mein Lesefazit

Ich habe es sehr genossen „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ zu lesen. Es ist ein großartiges Werk einer großartigen Schriftstellerin (oder ist es am Ende gar ein Schriftsteller?).

Dennoch kam es für mich nicht ganz an die Freundinnenreihe heran, was aber auch daran liegt, dass in einer mehrbändigen Erzählung einfach mehr Platz ist für die Figurenentwicklung und auch das Drumherum, das hier ein wenig zu kurz kam. Neapel tritt hier als eigene Persönlichkeit sehr in den Hintergrund, weil wir uns ganz auf die beiden Familien konzentrieren, die eher mit sich selbst als mit ihrem Umfeld beschäftigt sind.

Trotz allem ist „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ von Elena Ferrante ein ausgesprochen lesenswertes Buch!

Rezension: „Wie alles kam“ von Paul Maar

Titel: Wie alles kam
Autor: Paul Maar
Verlag: S. Fischer Verlage

Vielen Dank für das Rezensionsexemplar.

Inhalt:
„Paul Maar erinnert sich an den frühen Tod seiner Mutter, den viele Jahre im Krieg verschwundenen Vater, die neue Mutter, er erinnert sich an das Paradies bei den Großeltern und die unbarmherzige Strenge in den Wirtschaftswunderjahren. Paul Maars Erinnerungen sind zugleich Abenteuer- und Freundschaftsgeschichte, ein Vater-Sohn-Roman und eine Liebeserklärung an seine Frau Nele. Vor allem aber sind sie eine Feier der Lebensfreude, die er seinem Leben abtrotzen musste.“

Rezension

Auch wenn ich nicht wirklich zur Generation des „Sams“ gehöre, habe ich dennoch von dieser Figur gehört, die aus der zehnbändigen Buchreihe von Paul Maar stammt.

In „Wie alles kam“ erinnert sich der Autor an seine Kindheit und versucht, den Gründen für seinen späteren Beruf ein wenig auf die Spur zu gehen.

Memoiren sind ja immer so eine Sache. Dem einen gefallen sie, dem anderen nicht, aber da sie Teil der Lebensgeschichte des Schreibenden sind, kann man sie als LeserIn eigentlich nicht gut bewerten.

Ich kann allerdings sagen, dass Paul Maar seine Erinnerungen sehr unterhaltsam und mit einer guten Prise Humor aufgeschrieben hat. Allerdings wirken dadurch die Stellen ein wenig verklärt, die eigentlich ziemlich schrecklich für ein Kind gewesen sein müssen: Die Bombenalarme, die Flucht mit der Mutter aufs Land, der Vater, der Kriegsgefangener war, der seine Söhne schlug, als er nach Hause kam, …

„Wie alles kam“ ist gut lesbar und sicherlich für viele LeserInnen interessant, die mit Maars Kindergeschichten vom Sams aufgewachsen sind. Mir selbst fehlt ein wenig der Bezug zum Autor, aber ich habe seine Memoiren mit Interesse – und sogar stellenweise viel Spaß – gelesen.